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Entwicklung der Investitionsvolumina einer Einzelpraxisübernahme
Die Analyse startet mit der gängigsten Form der zahnärztlichen Existenzgründung – der Einzelpraxisübernahme (Anteilswert 63 %). Hierbei handelt es sich jeweils um den Kauf einer Praxis (Einzelpraxis oder Berufsausübungsgemeinschaft) mit anschließender Niederlassung als Einzelpraxis. Die folgende Tabelle 1 bezieht die Finanzierungsdaten von insgesamt 285 Einzelpraxisübernahmen im Jahr 2023 ein. Das Investitionsvolumen bezieht im Falle einer Praxisübernahme zunächst den Kaufpreis ein, der an die frühere Praxisinhaberin bzw. den Praxisinhaber zu zahlen ist. Der Kaufpreis wird unterteilt:
- in einen materiellen Wert für die sachlichen Werte der Praxis, insbesondere für die Dentaleinheiten und die Praxiseinrichtung
- und einen ideellen Wert für den mit der Praxis verbundenen „guten Ruf“, der über die Jahre von der Praxisinhaberin bzw. dem Praxisinhaber sowie dem Praxisteam aufgebaut wurde und sich in einer hohen Patientenbindung niederschlägt (Klingenberger und Sander 2014).
Im Jahr 2023 machte der Kaufpreis lediglich einen Anteil von 53 % an den gesamten Praxisinvestitionen aus, im Jahr 2019 waren es 50 %. Ergänzend werden in der Regel nämlich Investitionen in die Modernisierung bzw. den Umbau der übernommenen Praxis getätigt, es werden üblicherweise zusätzliche medizinisch‐technische Geräte erworben oder altes gegen neues Equipment ausgetauscht. Gleiches gilt für die Praxiseinrichtung (Möbel etc.) und die IT.
Tabelle 1: Investitionsvolumina einer Einzelpraxisübernahme (2019/2023) in 1.000 EUR
| 2019 | 2023 | ||
| Ideeller Wert (Goodwill) | 116 | 171 | |
| + | Materieller Wert (Substanzwert) | 60 | 76 |
| = | Kaufpreis | 176 | 247 |
| Modernisierung/Umbau | 25 | 34 | |
| + | Medizinisch‐technische Geräte | 71 | 83 |
| + | Einrichtung und IT | 27 | 22 |
| + | Sonstige Investitionen (inkl. Betriebsmittel) | 55 | 77 |
| = | Praxisinvestitionen | 354 | 463 |
Sofern sich Investitionen nicht unmittelbar den drei genannten „Investitionsblöcken“ zuordnen lassen, werden sie als „sonstige Investitionen“ aufgeführt. Das können beispielsweise Einmalzahlungen für Leasinggeräte sein oder etwa Ausgaben für Elektroinstallationen. Unter die sonstigen Investitionen werden zudem die sog. Betriebsmittel1 subsummiert. Das sind solche Aufwendungen, mit denen viele Existenzgründer in den ersten Jahren den laufenden Praxisbetrieb finanzieren. Hierzu zählen u. a. Material und Warenlager, Mieten, Gehälter und andere laufende Kosten, etwa für Versicherungen oder Werbeausgaben. Das durchschnittliche Investitionsvolumen einer übernommenen Einzelpraxis ergibt sich aus der Addition des entrichteten Kaufpreises und der vier genannten Investitionsblöcke.
Im Jahr 2023 entfiel ein Anteil von 7 % des Investitionsvolumens auf die Modernisierung bzw. den Umbau der Praxisräumlichkeiten, 18 % auf den Kauf medizinisch‐technischer Geräte, knapp 5 % auf die Praxiseinrichtung inklusive IT und weitere 17 % auf sonstige Investitionen inklusive Betriebsmittel.
Das Investitionsvolumen einer zahnärztlichen Einzelpraxisübernahme stieg im Vergleich zum Jahr 2019 um knapp 31 % auf 463.000 EUR (Klingenberger und Köhler 2020). Das entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von 7 %. Die Verteuerung des Kaufpreises von übernommenen Einzelpraxen wird vor allem durch die dynamische Entwicklung des Goodwills getragen, der von 116.000 EUR innerhalb vier Jahren auf 171.000 EUR kletterte. In Anbetracht des in Abschnitt 4.2 beschriebenen aktuellen Überangebotes an zum Verkauf stehenden Praxen wären prima facie eher sinkende Kaufpreise zu vermuten.
Allerdings konkurrieren auf dem Praxisabgabemarkt nicht unterschiedslos alle Praxen gegeneinander, sondern lediglich nach Standort und Praxisausstattung vergleichbare Praxen, die mit den Vorstellungen der potenziellen Käufer deckungsgleich sind (Klingenberger 2018). Für attraktive Praxen werden daher auch in der aktuellen Marktsituation weiterhin gute Preise gezahlt, während die weniger attraktiven Praxen selbst bei einem reduzierten Kaufpreis keine Kaufinteressenten finden.
Im Hinblick auf die Praxislage zeigen sich Unterschiede sowohl bei der Höhe der gezahlten Kaufpreise als auch bei den insgesamt aufzubringenden Investitionsvolumina (Abbildung 1).
IDZ/apoBankDer Kaufpreis bei einer Einzelpraxisübernahme in mittelstädtischer Lage betrug im Schnitt 258.000 EUR (= materieller plus ideeller Wert) und damit 13 % mehr als in der Kleinstadt. Hier lag der durchschnittliche Kaufpreis lediglich bei 229.000 EUR. Unter Einbezug der zusätzlichen Praxisinvestitionen lag das gesamte Investitionsvolumen in der Mittelstadt immer noch um 9 % höher als in kleinstädtischen oder ländlichen Lagen.
Die Differenzierung nach Geschlecht lässt noch größere Unterschiede erkennen. Während Existenzgründerinnen im Schnitt einen Kaufpreis von 212.000 EUR zahlten und insgesamt 425.000 EUR für die Übernahme einer Einzelpraxis aufwendeten, betrug der von den männlichen Existenzgründern gezahlte durchschnittliche Kaufpreis 280.000 EUR, das gesamte Investitionsvolumen summierte sich auf 498.000 EUR. Männer präferierten in der Regel vergleichsweise größere Praxen und zahlten dafür einen im Schnitt um 32 % höheren Kaufpreis und investierten einen um 17 % höheren Gesamtbetrag als Frauen.
Größere Unterschiede ergeben sich ebenfalls bei einer Differenzierung nach dem Alter der Existenzgründenden bei der Erstniederlassung. So betrug das Investitionsvolumen der jüngsten Altersgruppe (25 bis 34 Jahre) im Schnitt 516.000 EUR, während in der Altersgruppe ab 45 Jahren lediglich 418.000 EUR investiert wurden, also 19 % weniger. Dieses Muster war auch in den Vorjahren erkennbar, insofern fließt bei der Investitionsplanung offenkundig unter anderem auch das Lebensalter der Praxisinhaberin bzw. des Praxisinhabers in die Überlegungen zur betriebswirtschaftlichen Amortisationsdauer des eingebrachten Kapitals mit ein.
Entwicklung der Investitionsvolumina einer BAG‐Übernahme
In den Fällen, in denen sich zwei oder mehr Existenzgründende gemeinsam entscheiden, eine bereits bestehende Praxis zu kaufen, handelt es sich um eine BAG‐Übernahme. Hierbei handelt es sich um die zweithäufigste Form der Existenzgründung. Etwa 15 % der Finanzierungsfälle des Jahres 2023 entfielen auf diese Art der Niederlassung.
Tabelle 2 bezieht die Finanzierungsdaten von insgesamt 69 BAG-Übernahmen im Jahr 2023 ein. Zur Erläuterung der einzelnen Positionen des Investitionsvolumens sei auf Abschnitt 6.1 verwiesen. Die genannten Beträge sind – auch um die Vergleichbarkeit mit der Option der Einzelpraxisübernahme zu gewährleisten – jeweils Werte je Inhaber.
Tabelle 2: Investitionsvolumina einer BAG‐Übernahme (2019/2023) in 1.000 EUR
| 2019 | 2023 | ||
| Ideeller Wert (Goodwill) | 95 | 184 | |
| + | Materieller Wert (Substanzwert) | 33 | 77 |
| = | Kaufpreis | 128 | 261 |
| Modernisierung/Umbau | 42 | 8 | |
| + | Medizinisch‐technische Geräte | 76 | 52 |
| + | Einrichtung und IT | 12 | 19 |
| + | Sonstige Investitionen (inkl. Betriebsmittel) | 30 | 48 |
| = | Praxisinvestitionen | 341 | 388 |
Ein Anteil von 67 % des Investitionsvolumens entfiel im Jahr 2023 auf den Kaufpreis, weitere 2 % auf die Modernisierung bzw. den Umbau der Praxisräumlichkeiten, etwas mehr als 13 % auf den Kauf medizinisch‐technischer Geräte, 5 % auf die Praxiseinrichtung inklusive IT und knapp über 12 % auf sonstige Investitionen inklusive Betriebsmittel.
Der Kaufpreis von zahnärztlichen BAG‐Übernahmen entwickelte sich im Vergleich zum Jahr 2019 sehr dynamisch mit einem Zuwachs von 104 Prozent auf 261.000 EUR. Zu bedenken ist allerdings, dass der durchschnittliche Kaufpreis im Jahr 2019 ungewöhnlich niedrig ausgefallen war. Im Jahr 2018 hatte der Kaufpreis im Schnitt nämlich noch bei 237.000 EUR gelegen, sodass der Zuwachs im Fünf‐Jahres‐Zeitraum zwischen 2018 und 2023 lediglich 10 % beträgt. Generell ist zu beobachten, dass die Entwicklung der Kaufpreise und Investitionsvolumina bei Berufsausübungsgemeinschaften deutlich wechselhafter verläuft als bei den Einzelpraxen, was unter anderem auf eine jährlich wechselnde Bandbreite von Praxisgrößen und ‐strukturen im Datensatz zurückzuführen sein könnte.
Entwicklung der Investitionsvolumina eines BAG‐Einstiegs
Bei der Aufnahme eines neuen Mitglieds in eine bereits bestehende Praxis (Einzelpraxis oder Berufsausübungsgemeinschaft) handelt es sich um einen BAG‐Einstieg als einem speziellen Fall einer Praxisübernahme: Das neue Mitglied kauft sich mit seinem Anteil in eine etablierte Praxis ein, d. h. eine etablierte Einzelpraxis oder BAG wird durch den Einstieg eines neuen Praxispartners erweitert. Oder aber das neue Mitglied übernimmt den Anteil eines ausscheidenden Mitglieds der BAG, die Anzahl der Inhaber bleibt in diesem Falle unverändert. Bei dem BAG‐Einstieg handelt es sich um die dritthäufigste Form der Existenzgründung. Knapp über 11 % der Finanzierungsfälle entfallen auf diese Art der Niederlassung. Tabelle 3 zu den Investitionsvolumina eines BAG‐Einstiegs basiert auf insgesamt 51 Finanzierungsfällen aus dem Jahr 2023.
Tabelle 3: Investitionsvolumina eines BAG‐Einstiegs (2019/2023) in 1.000 EUR
| 2019 | 2023 | ||
| Ideeller Wert (Goodwill) | 145 | 230 | |
| + | Materieller Wert (Substanzwert) | 79 | 92 |
| = | Kaufpreis | 224 | 322 |
| Modernisierung/Umbau | 11 | 10 | |
| + | Medizinisch‐technische Geräte | 35 | 26 |
| + | Einrichtung und IT | 6 | 5 |
| + | Sonstige Investitionen (inkl. Betriebsmittel) | 15 | 39 |
| = | Praxisinvestitionen | 291 | 402 |
Zur Erläuterung der einzelnen Positionen des Investitionsvolumens sei auf Abschnitt 6.1 verwiesen. Die genannten Beträge sind – auch um die Vergleichbarkeit mit den Optionen der Einzelpraxisübernahme bzw. der BAG‐Übernahme zu gewährleisten – jeweils Werte je Inhaber.
Im Jahr 2023 betrugen die Praxisinvestitionen bei einem BAG‐Einstieg 402.000 EUR, sie waren also etwa 4 % höher als bei einer BAG‐Übernahme. Der Kaufpreis belief sich im Durchschnitt auf 322.000 EUR, was einen Anteil von 80 % an den gesamten Praxisinvestitionen ausmacht. Ein Anteil von knapp über 2 % des Investitionsvolumens entfiel im Jahr 2023 auf die Modernisierung bzw. den Umbau der Praxisräumlichkeiten, etwas mehr als 6 % auf den Kauf medizinisch‐technischer Geräte, 1 % auf die Praxiseinrichtung inklusive IT und etwa 10 % auf sonstige Investitionen inklusive Betriebsmittel.
Der bei einem Einstieg in eine BAG im Durchschnitt gezahlte Kaufpreis nahm im Vergleich zum Jahr 2019 deutlich zu, damals war der Kaufpreis mit 224.000 EUR noch um 30 % geringer ausgefallen (Klingenberger und Köhler 2020). Im Hinblick auf die gesamten Praxisinvestitionen liegt die Zuwachsrate im Vier‐Jahres Zeitraum zwischen 2019 und 2023 bei 38 %.
Entwicklung der Investitionsvolumina einer Einzelpraxisneugründung
Reine Neugründungen von Einzelpraxen erfolgen deutlich seltener als die oben dargestellten Praxisübernahmen, nämlich lediglich in 6 % der Fälle. Tabelle 4 gibt die Durchschnitte von 28 auswertbaren Praxisfinanzierungen wieder. Aufgrund der geringen Fallzahlsind die Ergebnisse mit Vorsicht zu interpretieren, die Analyse kann lediglich Tendenzen widerspiegeln.
Tabelle 4: Investitionsvolumina einer Einzelpraxisneugründung (2019/2023) in 1.000 EUR
| 2019 | 2023 | ||
| Modernisierung/Umbau | 71 | 129 | |
| + | Medizinisch‐technische Geräte | 233 | 356 |
| + | Einrichtung und IT | 67 | 129 |
| + | Sonstige Investitionen (inkl. Betriebsmittel) | 122 | 156 |
| = | Praxisinvestitionen | 493 | 770 |
Im Jahr 2023 entfiel ein Anteil von 17 % des Investitionsvolumens einer Einzelpraxisneugründung auf die Modernisierung bzw. den Umbau der Praxisräumlichkeiten, 46 % auf den Kauf medizinisch‐technischer Geräte, 17 % auf die Praxiseinrichtung inklusive IT und weitere 20 % auf sonstige Investitionen einschließlich der Betriebsmittel.
Der Mittelwert von 770.000 EUR für das gesamte Investitionsvolumen ist für sich allein noch nicht besonders aussagekräftig. Die Investitionsvolumina der einzelnen Praxen streuen nämlich relativ weit um den Mittelwert: Etwa 36 % der Fälle liegen außerhalb der einfachen Standardabweichung von 212.000 EUR, d. h. in diesen Fällen sind die Praxisinvestitionen deutlich niedriger (geringer als 558.000 EUR) oder höher (mindestens 982.000 EUR) als der Mittelwert. Der Median (Zentralwert) liegt bei 757.000 EUR, er ist somit kleiner als das arithmetische Mittel, ein Charakteristikum für eine schiefe Verteilung, bei der Fälle unterhalb des Mittelwertes häufiger (hier: 54 %) auftreten als Fälle oberhalb des Mittelwertes (hier: 46 %).
Das Investitionsvolumen im Jahr 2023 lag gegenüber 2019 (Klingenberger und Köhler 2020) um 56 % höher, was einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 11,8 % pro Jahr entspricht. Zur Ursachenanalyse dieser auffälligen Wachstumsdynamik wird im Folgenden die Preisentwicklung (sog. Wertkomponente) als auch das Betriebsgrößenwachstum (sog. Mengenkomponente) genauer analysiert.
Analyse der Preisentwicklung
In der betriebswirtschaftlichen Kosten‐ und Leistungsrechnung wird die Wertkomponente üblicherweise im Anschaffungspreis ausgedrückt. In Marktwirtschaften ist das in der Regel der sogenannte Marktpreis. In die Wertkomponente fließt nicht nur die allgemeine Geldentwertung (Inflation) ein, sondern es werden auch qualitative (und somit wertsteigernde) Verbesserungen von Gütereigenschaften im Zeitverlauf berücksichtigt. Da die Gründung einer Zahnarztpraxis die Anschaffung von Investitionsgütern impliziert, ist bei der Betrachtung der Preisentwicklung der spezielle Preisindex für Investitionsgüter relevant. Die Entwicklung der Preise für Investitionsgüter wird in Deutschland durch das Statistische Bundesamt beobachtet und als statistisches Datenmaterial publiziert (Destatis 2025).
Bei der Entwicklung des Investitionsvolumens von zahnärztlichen Einzelpraxisneugründungen sind zwei unterschiedliche Phasen zu erkennen. Die erste Phase reicht bis zum Jahr 2006 (Tabelle 5).
Tabelle 5: Investitionen im Rahmen von zahnärztlichen Einzelpraxisneugründungen (1996‐2006) –
Preisentwicklung im Vergleich zur Gesamtwirtschaft
| Jahr | Investitionsvolumen von Einzelpraxisneugründungen (in 1.000 EUR) | Investitionsvolumen von Einzelpraxisneugründungen, indexiert (1996 = 100) | Nachrichtlich: Gesamtwirtschaftli‐ cher Preisindex der Investitionsgü‐ terproduzenten (1996 = 100)+ |
| 1996 | 223 | 100,0 | 100,0 |
| 1997 | 215 | 96,4 | 101,2 |
| 1998 | 215 | 96,4 | 100,7 |
| 1999 | 215 | 96,4 | 99,7 |
| 2000 | 222 | 99,6 | 102,8 |
| 2001 | 240 | 107,6 | 105,9 |
| 2002 | 245 | 109,9 | 105,1 |
| 2003 | 238 | 106,7 | 107,1 |
| 2004 | 248 | 111,2 | 108,7 |
| 2005 | 253 | 113,5 | 113,5 |
| 2006 | 250 | 112,1 | 119,7 |
Im Zeitraum zwischen 1996 und 2006 stiegen die durchschnittlichen Investitionen im Rahmen von zahnärztlichen Einzelpraxisneugründungen sehr verhalten, nämlich um insgesamt 12 % (bzw. 1,0 % p. a.). Der vergleichende Blick auf den vom Statistischen Bundesamt erhobenen Preisindex der Investitionsgüterproduzenten verdeutlicht, dass diese Entwicklung weitgehend im Einklang mit gesamtwirtschaftlichen Größen stand.
Im Wechsel von 2006 auf 2007 zeigte sich dann erstmals ein deutlicher Anstieg des Investitionsvolumens. Die weitere Entwicklung (Tabelle 6) verdeutlicht, dass dieser Preissprung kein einmaliger Effekt war, sondern eine anhaltende Phase mit deutlich höherer Wachstumsdynamik einleitete.
Tabelle 6: Investitionen im Rahmen von zahnärztlichen Einzelpraxisneugründungen (2007‐2023) –
Preisentwicklung im Vergleich zur Gesamtwirtschaft
| Jahr | Investitionsvolumen von Einzelpraxisneugründungen (in 1.000 EUR) | Investitionsvolumen von Einzelpraxisneugründungen, indexiert (1996 = 100) | Nachrichtlich: Gesamtwirtschaftli‐ cher Preisindex der Investitionsgü‐ terproduzenten (1996 = 100)+ |
| 2007 | 301 | 135,0 | 121,2 |
| 2008 | 323 | 144,8 | 127,8 |
| 2009 | 368 | 165,0 | 122,5 |
| 2010 | 308 | 138,1 | 124,4 |
| 2011 | 366 | 164,1 | 130,9 |
| 2012 | 338 | 151,6 | 132,9 |
| 2013 | 365 | 163,7 | 132,9 |
| 2014 | 360 | 161,4 | 131,6 |
| 2015 | 421 | 188,8 | 129,3 |
| 2016 | 470 | 210,8 | 127,1 |
| 2017 | 441 | 197,8 | 130,6 |
| 2018 | 522 | 234,1 | 134,0 |
| 2019 | 493 | 221,1 | 135,4 |
| 2020 | (507)* | 227,4 | 134,1 |
| 2021 | (627)* | 281,2 | 147,1 |
| 2022 | (755)* | 338,6 | 190,9 |
| 2023 | 770 | 345,3 | 191,3 |
Mit der gesamtwirtschaftlichen Preisentwicklung der Investitionsgüter, die das Statistische Bundesamt jährlich ermittelt, korrespondiert das stark steigende Investitionsvolumen von zahnärztlichen Einzelpraxisneugründungen in dieser zweiten Phase nicht mehr. Im Zeitraum zwischen 2007 und 2023 stiegen die zahnärztlichen Investitionen im Schnitt um etwa 6 % jährlich, während der allgemeine Preisindex der Investitionsgüter lediglich um 3 % jährlich zunahm. Angesichts dieses preislichen Abkopplungsprozesses lohnt der Blick auf das Betriebsgrößenwachstum neu gegründeter zahnärztlicher Einzelpraxen.
Analyse der Betriebsgrößenentwicklung
Die Neugründung einer Zahnarztpraxis umfasst ein ganzes Bündel an Investitionen, beispielsweise in Dentaleinheiten oder die Einrichtung einer bestimmten Anzahl von Praxisräumen. Die in der betrieblichen Kosten‐ und Leistungsrechnung beschriebene Mengenkomponente kann recht gut durch den Begriff der „Praxisgröße“ charakterisiert werden. Zu berücksichtigen ist, dass die durchschnittliche Praxisgröße im Zeitverlauf keineswegs konstant ist, sondern sich kontinuierlich verändert, was dann wiederum Einfluss auf das durchschnittliche Investitionsvolumen hat.
Der Beginn der zweiten wachstumsdynamischen Phase ab 2007 fällt mit einer einschneidenden Gesetzesänderung im Gesundheitsbereich zusammen, nämlich dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) vom 27. Oktober 2006, mit dem die Anstellungsmöglichkeiten von Zahnärzten erheblich erleichtert wurden. Die neu eröffneten Optionen hatten und haben seitdem spürbaren Einfluss auf den Zuschnitt der neu gegründeten Zahnarztpraxen (Klingenberger 2018). Dies gilt vor allem für die Einzelpraxen, die nun prospektiv größer geplant werden, indem spätere Anstellungsmöglichkeiten bereits von Anfang an mit bedacht werden. Dadurch erhöht sich in der Regel die bei der Existenzgründung eingeplante Anzahl der Behandlungsräume und Dentaleinheiten.
Die Praxisgrößenentwicklung der letzten Dekade lässt sich anhand von Daten aus dem Zahnärzte‐Praxis‐ Panel (ZÄPP 2024) nachzeichnen. Der Vergleich von Zahnarztpraxen, deren Gründung bereits mehr als 10 Jahre zurückliegt, mit frisch gegründeten Zahnarztpraxen (deren Gründung vor weniger als zwei Jahren erfolgte), verdeutlicht, dass die jüngeren Praxen, gemessen an der Raumfläche in Quadratmetern, deutlich größer sind (Tabelle 7). Auch ist die Anzahl angestellter Zahnärzte in den jüngst gegründeten Praxen erheblich größer als in bereits länger etablierten Praxen.
Tabelle 7: Praxisgröße in Abhängigkeit vom Praxisalter
| Praxisalter | Praxisgröße in Quadratmetern | Anzahl angestellte Zahnärzte (Vollzeitäquivalente) |
| Weniger als 2 Jahre | 169 | 0,30 |
| Mehr als 10 Jahre | 149 | 0,18 |
Das bedeutet nicht, dass neu gegründete Einzelpraxen heute generell größer geplant werden als in der Vergangenheit. Die traditionelle Einzelpraxis ohne angestellte Zahnärzte gibt es nämlich weiterhin, verbunden mit einer geringeren Praxisgröße und einem entsprechend geringeren Investitionsaufwand. Dies wird auch anhand der von der apoBank protokollierten Finanzierungsfälle deutlich. Für das Berichtsjahr 2023 enthält der Datensatz der Neugründungen erstmals Angaben zur Anzahl der Behandlungszimmer, zur Praxisgröße in Quadratmetern, zur geplanten Anstellung von Praxispersonal inklusive Zahnärzten (Tabelle 8). Bei einer Einteilung der Finanzierungsfälle in zwei dichotome Klassen gemäß ihrer jeweiligen Ausprägung der Indikatoren (niedrig versus hoch) errechnen sich für die beiden Subgruppen abweichend vom Mittelwert entsprechend geringere bzw. höhere Investitionsvolumina.
Die Übersicht in Tabelle 8 verdeutlicht, dass das Investitionsvolumen insbesondere dann deutlich höher ausfällt, wenn die Anstellung von Zahnärzten bereits in die Niederlassungsplanung einbezogen wird. Dies wirkt sich zuallererst signifikant auf die Praxisgröße aus, denn die Praxen mit angestellten Zahnärzten sind im Schnitt 100 Quadratmeter größer als die Praxen ohne angestellte Zahnärzte (324 Quadratmeter gegenüber 224 Quadratmeter). Konkret erhöhte sich der Investitionsaufwand dann im Schnitt von 672.000 EUR auf 866.000 EUR, stieg also um 194.000 EUR bzw. knapp 29 % (Abbildung 2).
Tabelle 8: Indikatoren der Praxisgröße und durchschnittliches Investitionsvolumen
| Indikator (jeweilige Planungsgröße) | Dichotome Klassierung | Fallzahl (n) | Investitionsvolumen (indexiert) |
| Durchschnittliches Investitionsvolumen | – | 28 | 100,0 |
| Anzahl der Behandlungszimmer | 3-5 | 12 | 97,3 |
| Anzahl der Behandlungszimmer | 6-10 | 7 | 109,6 |
| Praxisgröße in Quadratmetern | 110-299 | 9 | 93,8 |
| Praxisgröße in Quadratmetern | 300-400 | 10 | 111,4 |
| Praxispersonal (ohne angestellte Zahnärzte; in Vollzeitäquivalenten) | 2,5-3,9 | 12 | 97,8 |
| Praxispersonal (ohne angestellte Zahnärzte; in Vollzeitäquivalenten) | 4,0-9,0 | 13 | 104,0 |
| Geplante Anstellung von Zahnärzten (in Vollzeitäquivalenten) | 0 1,0-3,0 | 13 14 | 87,3 112,5 |
Die Dichotomie von Praxen, die eine Anstellung von Zahnärzten von Beginn an planen, versus Praxen ohne angestellte Zahnärzte trägt auch zu der recht hohen Streuung der Investitionsvolumina bei (Abbildung 2). Während die Einzelpraxisneugründungen ohne angestellte Zahnärzte im Jahr 2023 bereits ab einem Investitionsvolumen von 335.000 EUR realisiert wurden, erforderten Einzelpraxisneugründungen unter Einbezug (geplanter) angestellter Zahnärzte mindestens ein Investitionsvolumen von 692.000 EUR.
IDZ/apoBankDie statistische Auswertung der Finanzierungsfälle von neu gegründeten Einzelpraxen führt vor Augen, dass sich die Rechtsform der Einzelpraxis in wirtschaftlicher Hinsicht kaum noch eindeutig von Berufsausübungsgemeinschaften abgrenzen lässt. Während allerdings bei den Berufsausübungsgemeinschaften mit zwei oder mehr Inhabern die Finanzierungslast auf mehrere Schultern verteilt wird, hat bei der Einzelpraxis mit angestellten Zahnärzten der eine Inhaber den kompletten Investitionsaufwand allein zu stemmen.
Die seit 2007 zu beobachtende höhere Wachstumsrate der Investitionsvolumina neu gegründeter Einzelpraxen wird folglich gleichermaßen von einem Größen‐ wie einem Preiseffekt angetrieben, weshalb insofern eine „doppelte Dynamisierung“ vorliegt. Die Einzelpraxis von heute ist wirtschaftlich und organisatorisch in vielen Fällen nicht mehr mit der Einzelpraxis der letzten Dekade des vergangenen Jahrtausends zu vergleichen.
Entwicklung der Investitionsvolumina von BAG‐Neugründungen
Reine Neugründungen von Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) sind noch seltener als Einzelpraxisneugründungen, aktuell beträgt der Anteil 2 %, im vorliegenden Datensatz sind es lediglich 9 Fälle. Aufgrund der geringen Fallzahl sind die berechneten Werte zu den BAG‐Neugründungen mit Vorsicht zu interpretieren, sie können lediglich grobe Tendenzen andeuten.
Bei der Neugründung einer BAG schließen sich zwei oder mehr Existenzgründende zusammen – die aufzubringenden Investitionen verteilen sich folglich auf mehrere Personen. Die in Tabelle 9 genannten Beträge sind – auch um die Vergleichbarkeit mit der Option der Einzelpraxisneugründung zu gewährleisten – jeweils Werte je Inhaber. Bei den hier dargestellten BAG‐Neugründungen der Jahre 2019 und 2023 bezieht sich die Finanzierung durchweg auf einen Praxisanteil in Höhe von jeweils 50 %.
Tabelle 9: Investitionsvolumina einer BAG‐Neugründung (2019/2023) in 1.000 EUR
| 2019 | 2023 | ||
| Modernisierung/Umbau | 168 | 114 | |
| + | Medizinisch‐technische Geräte | 66 | 230 |
| + | Einrichtung und IT | 151 | 142 |
| + | Sonstige Investitionen (inkl. Betriebsmittel) | 85 | 130 |
| = | Praxisinvestitionen | 470 | 616 |
Im Jahr 2023 entfiel ein Anteil von 19 % des Investitionsvolumens einer BAG‐Neugründung auf die Modernisierung bzw. den Umbau der Praxisräumlichkeiten, 37 % auf den Kauf medizinisch‐technischer Geräte, 23 % auf die Praxiseinrichtung inklusive IT und weitere 21 % auf die sonstigen Investitionen einschließlich der Betriebsmittel.
Das Investitionsvolumen im Jahr 2023 lag gegenüber 2019 (Klingenberger und Köhler 2020) um 31 % höher, was einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 7,0 % pro Jahr entspricht.
Beim Vergleich des Wachstums der Investitionen von BAG‐Neugründungen mit dem von Einzelpraxisneugründungen fällt das geringere Wachstum der Investitionen von BAG‐Neugründungen ins Auge. Im Jahr 2019 wurden in den beiden Niederlassungsformen noch ähnlich hohe Investitionen getätigt, nämlich 493.000 EUR bei den Einzelpraxen und 470.000 EUR bei den BAG. Der anteilige finanzielle Mehraufwand der Neugründung einer Einzelpraxis gegenüber einer BAG stieg dann allerdings in nur vier Jahren von etwa 5 % auf 25 % an.
Die Analyse der Wachstumsdynamik bei den Einzelpraxisneugründungen (siehe Abschnitt 6.4.2) konnte verdeutlichen, dass die Anstellung weiterer Zahnärzte einen deutlichen Mehraufwand an Investitionen (Dentaleinheiten, Behandlungszimmer etc.) nach sich zieht. Bei den Neugründungen von BAG spielt die zusätzliche Anstellung von Zahnärzten offensichtlich eine geringere Rolle, da die behandelnden Zahnärzte gleichzeitig Mitinhaber der Praxis sind, womit offenkundig weniger Bedarf für weitere Zahnärzte in Anstellung gesehen wird. Damit fällt ein wichtiger Wachstumstreiber für das zahnärztliche Investitionsvolumen weitgehend weg, sodass sich die Wachstumsdynamik bei den BAG‐Neugründungen weniger ausgeprägt darstellt als bei den Einzelpraxisneugründungen.
Abschließender Vergleich der Existenzgründungsoptionen
Bei einem Vergleich von Neugründungen und Übernahmen einerseits und Einzelpraxen und Berufsausübungsgemeinschaften andererseits lassen sich unterschiedliche Größenordnungen im Hinblick auf das durchschnittlich benötigte Investitionsvolumen erkennen. Generell sind Neugründungen mit höheren Investitionen verbunden als Übernahmen und innerhalb dieser beiden Niederlassungsformen ist die Existenzgründung in Form einer Einzelpraxis in der Regel jeweils teurer als eine anteilige Existenzgründung in Form einer Berufsausübungsgemeinschaft (Abbildung 3).
IDZ/apoBankDie in Abbildung 3 genannten Durchschnittsbeträge je Inhaber geben naturgemäß kein vollständiges Bild wieder, da hinter jedem einzelnen Finanzierungsfall ein höchst individueller „Praxiszuschnitt“ steckt, weshalb die Investitionsbeträge im Einzelfall recht deutlich um diesen Mittelwert streuen. Die breite Streuung der Investitionsbeträge um den Mittelwert wird durch die Standardabweichung2 verdeutlicht (Tabelle 10).
Tabelle 10: Verteilung der Investitionsvolumina (in 1.000 EUR) nach Niederlassungsform
| Niederlassungsform | Mittelwert | Median | Standardabweichung |
| Einzelpraxisübernahme | 463 | 410 | ± 266 |
| BAG‐Übernahme | 388 | 378 | ± 195 |
| BAG‐Einstieg | 402 | 360 | ± 272 |
| Einzelpraxisneugründung | 770 | 757 | ± 212 |
| BAG‐Neugründung | 616 | 575 | ± 154 |
Wichtig zur Interpretation von Durchschnittswerten ist zudem der Median, der anzeigt, inwiefern eine Verteilung von Daten als normal gelten kann. Der Median teilt die Daten in zwei gleich große Hälften (mit jeweils 50 % der Fälle), er ist daher weniger empfindlich gegenüber statistischen Ausreißern. Eine solcherart definierte „typische Praxis“ wird hinsichtlich ihres „üblichen“ Investitionsaufwandes insofern besser durch den Median als durch den Mittelwert charakterisiert.
Im vorliegenden Datensatz ist das gut erkennbar: Für alle fünf Niederlassungsformen gilt nämlich, dass der Median jeweils geringer als der Mittelwert ist. Es liegt somit eine sog. schiefe Verteilung vor, die durch Einzelfälle mit deutlich höheren Werten dann auch insgesamt zu einer Erhöhung des Mittelwertes führt. Die Bandbreite der Investitionsvolumina bei der zahnärztlichen Niederlassung ist, wie Tabelle 10 verdeutlicht, also recht groß und der vorliegende Datensatz spiegelt die vielfältigen Optionen einer Niederlassung hinsichtlich Praxis‐ und Niederlassungsform, Praxisgröße, Standort, technischer Ausstattung und angestrebten Arbeitsschwerpunkten wider.
Weitere Informationen erhalten Sie im ersten, zweiten und dritten Teil der Beitragsreihe.
Quelle:
Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ): Investitionen bei der zahnärztlichen Existenzgründung 2023
Apo Bank
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Dardan Gashi
14. August 2025 at 13:30
Dies ist ein Test Kommentar.